Am Anfang war das Wort

Menschliche Entwicklung erfolgt laut Ken Wilber entlang verschiedener Linien: koginitiv, moralisch, emotional, interpersönlich, identitär, ästhetisch, psychosexuell, spirituell, wertebezogen, bedürfnisbezogen, kinästhetisch.

Die Linie, die oft am weitesten entwickelt ist, ist die kognitive, denn Menschen lernen durch Erfahrung. Diese Einschätzung ist nicht unumstritten, doch es besteht Einigkeit darüber, dass sie von zentraler Bedeutung für die Entwicklung aller anderer Linien ist.2

Die kognitiven Fähigkeiten eines Menschen umfassen die Informationsverarbeitung von Signalen aus seiner Umwelt, sowie die Gedanken über sich selbst und seine Zukunft3. Dies geschieht zu großem Teil durch Worte und die damit verknüpften Bilder.

 

Worte, die uns umgeben,

und die damit in uns verbundenen Bilder beeinflussen also maßgeblich, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen, wie wir uns selbst wahrnehmen und welches Bild wir von

unserer Zukunft entwickeln können.

Welche Chancen für die Gestaltung unserer Zukunft verbirgt sich darin?

Das möchte ich mit einem kleinen Experiment zeigen.

 

Wie wäre es, wenn Deine Welt in den nächsten Minuten ein Stück größer werden würde?

Allgemein gehen wir Menschen davon aus, dass wir unsere Umwelt mit Hilfe von fünf oder – zählt man die Intuition hinzu – sechs Sinnen erfassen.

Was wäre, wenn es mehr wären? Was könnten wir nicht alles wahrnehmen!

Wortgeschenk: Unsere 12 Sinne

Wir verfügen über den Tastsinn, mit dem wir auf der materiellen Ebene mit unserer Umwelt in Kontakt treten.

Wir haben einen Lebenssinn, der uns eine Wahrnehmung unseres körperlichen Wohlbefindens ermöglicht.

Wir verfügen über einen Bewegungssinn, mit der wir unsere Bewegungen – vom Augenzwinkern bis zum Tanz – koordinieren.

Verwandt damit ist unser Gleichgewichtssinn, über den wir unsere Lage in Bezug auf die Erde erfahren: Das Oben und Unten.

Wir haben einen Geruchssinn, mit dem wir die feinere Materialität unserer Umwelt wahrnehmen, und den Geschmackssinn, der uns die Beschaffenheit von Speisen erschließt.

Dann haben wir den Sehsinn, mit dem wir Licht & Schatten und ihre Abstufungen wahrnehmen können. So erfahren wir Farbe und Form mit den Augen.

Wir haben einen Wärmesinn, der uns – über den Tastsinn hinaus, die Wärme- und Kälteausstrahlung unserer Umwelt erschließt.

Der Hörsinn ermöglicht es uns, die Klänge, die von Natur & Mensch ausgehen wahrzunehmen.

Verstehen wir einen Sinn als das, „wodurch wir uns eine Erkenntnis verschaffen“ , dann ist der Wortsinn derjenige Sinn, mit dem wir Sprache & gesprochene Worte von anderen Klängen unterscheiden.

Mit dem Begriffssinn ermöglicht es uns, den Sinn eines Wortes zu erfassen. Aus den Abstrakten Zeichen und den artikulierten Worten entstehen durch diesen Sinn die Bilder, die wir damit verbinden.

Der Ichsinn – als letztes – ist nicht das Bewusstsein über sich selbst. Ganz im Gegenteil ist es der Sinn, der es uns ermöglicht, das Ich-Erleben unseres Gegenübers zu empfinden und zu verstehen.

 

 

Wie ist es Euch beim Lesen ergangen?

Diese 12 Wortgeschenke sollten zeigen, wie neue Worte unsere Perspektiven öffnen, uns neue Fragen stellen und das Bewusstsein und unseren Verstand bewegen.

Dabei ist es nicht wichtig, ob die 12 Sinne4 sich beim Lesen so erschließen, wie Rudolf Steiner, für den sie ganz natürlich erschienen, oder ob beim Nach-Denken weitere Sinne im eigenen Bewusstsein entdeckt werden, oder andere Zusammenfassungen für Sinnes-wahrnehmungen logischer erscheinen.

Mein Wunsch ist es vor allem, mit diesem kleinen Experiment erlebbar zu machen, welche Macht Worte haben, uns neue Welten zu erschließen.

 

Die Farben der Gedanken.

Wie bereits geschrieben, sind die Worte, mit denen wir unser Leben und unsere Welt beschreiben, maßgeblich dafür, wie wir uns selbst sehen und mit welcher Motivation wir unsere Zukunft gestalten.

Was wäre, wenn wir die in uns schwingenden Worte unserenbesten Freunde wären?

Die Wichtigkeit der Glücksfähigkeit für unsere Zufriedenheit aber auch für die Fähigkeit, Erfolge zu erzielen, ist inzwischen weithin bekannt.

Diese Fähigkeit kann man durch Worte, die man sich selbst schenkt, stärken:

 

„Ich bin liebenswert. Es ist sicher, meinen Blick auf mein Inneres zu richten. Dort darf ich unglaubliche Schönheit entdecken“5

 

„Du bist liebenswert.“

 

„Lebenslustige Ideen fließen durch mein Bewusstsein.“ 6

 

Wortideen

Es gibt mehrere Möglichkeiten schöne Worte zu sammeln:

 

Beim Zuhören bereichern wir unseren Wort-Geschenke-Schatz.

 

Fremde Sprachen sind eine Bereicherung. Unser Gehirn versteht sie übrigens gar nicht als fremde Sprache, sondern lediglich als neue Namen bereits bekannter Dinge.

 

Wenn wir Dinge lesen, die uns interessieren und faszinieren ebenso.

 

Unser Wortschatz wird größer durch den Wortklang (das gesprochene Wort) aber auch das Wortbild (das geschriebene Wort).

 

Worte, die wir in unseren Wort-Schatz aufnehmen, dürfen so sein, wie wir es uns wünschen: schön, blumig, klar, seltsam klingend, neuartig, verblüffend, liebevoll, humorvoll, genau….

Und wenn einmal ein Wort fehlt, dann können wir es so machen, wie Vera F. Birkenbihl. Sie entschied sich, einfach Worte zu erfinden, sollte ihr einmal eines fehlen.

 

21.06.2023

Susanne Gall-Mangliers

 

Quellen:

* Bibel, Johannes 1:1

1) Ken Wilber, Integrale Lebenspraxis

2)  Veit Lindau, Menschenlehrer, Seminarskript 2017

3) z.B. medlexi.de

4) Rudolf Steiner, Vortrag über die Sinne 10 1909 (GA 115)

5) Nach Louise L. Hay in „101 Power Thoughts for Life” (Hörbuch, Audible, Erscheinungsjahr unbekannt)

6) Louise L. Hay „Liebe Dich selbst“ deutschsprachige Ausgabe der Karten, Penguin Random House 2019

Bilder:

“Yes”: pexels, Künstler:in: Kelly

“Words have power”: pixabay, Künstler:in: geralt

“DO”, pexels, Künstleri:n: Leeloo the First